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1.März 2005
Interfilm-Info 2/03-2/04 - Editorial
von Hans Hodel

 INTERFILM-Info 2/03-2/04 zum Download (ca. 8 MB)

Liebe Mitglieder und Partner von INTERFILM,

Auf die vorliegende Ausgabe unserer INFO mit der Nummer 2/03 bis 2/04 mussten Sie lange warten. Sie umfasst insgesamt drei Nummern und ist entsprechend umfangreich geworden, beginnend mit dem Bericht über deb Juryentscheid am Internat.Filmfestival Locarno 2003 und endend mit demjenigen am Filmfestival Bratislava 2004. Aber sie enthält selbstredend auch Lücken. Wer den einen oder anderen Bericht vermisst, möge doch auf unserer ständig aktualisierten Website danach suchen.

Einer der Gründe, warum Sie erst jetzt wieder eine INFO erhalten, liegt in der ursprünglichen Absicht begründet, sie nur noch an diejenigen Mitglieder zu versenden, die über keinen Zugang zum Internet verfügen und nicht in der Lage sind, die INFO als pdf-Dokument herunterzuladen und auszudrucken. Es stellte sich allerdings bald heraus, dass ein regelmässiger Versand einer gedruckten und gebundenen INFO trotz regelmässiger Mail- Information über die Entscheide unserer Festivaljurys und entsprechender Aktualisierung der Website zwecks kontinuierlicher Archivierung unserer Arbeit nützlich und sinnvoll ist.

Vielleicht ist dies nicht allen Mitgliedern und Partnern bewusst, aber INTERFILM hat als internationales Netzwerk kirchlicher Filmarbeit nicht die Mittel, ein eigenes Büro zu unterhalten. Die Geschäftsstelle war immer bei einem unserer Mitglieder angesiedelt und deshalb sowohl auf das Verständnis und Wohlwollen jenes Mitgliedes wie auf das persönliche Engagement des jeweiligen Geschäftsführers angewiesen. Wie bereits in der letzten INFO berichtet, konnte die Geschäftsstelle nach meiner Pensionierung als Filmbeauftragter der Reformierten Medien der deutschen Schweiz nach Frankfurt am Main in das Gemeinschaftswerk für Evangelische Publizistik (GEP) verlegt werden, wo sie von Karsten Visarius im Rahmen seines filmkulturellen Engagements umsichtig und kompetent betreut wird. Allerdings haben sich im Zusammenhang mit gewissen Restrukturierungen im GEP sowie angesichts der Fülle von Initiativen und Aufgaben Grenzen seiner Verfügbarkeit bemerkbar gemacht. Für die Herstellung der letzten INFO und die Erstellung der Website stand ihm in der Person von Markus Buss ein versierter Vikar zur Verfügung, dessen  wertvolle Unterstützung seit Abschluss seines Spezialpraktikums spürbar fehlt. Ich bin sehr dankbar, dass Karsten Visarius die vorliegende Ausgabe nun trotz aller Engpässe geschafft hat.

Es gibt viel zu berichten in dieser INFO – vieles hat Hans Werner Dannowski, unser neuer Ehrenpräsident im Rahmen seines letzten präsidialen Rückblicks an der 39.Generalversammlung vom 30.April 2004 in Oberhausen wunderbar zusammengefasst.

Ein Netzwerk ist ein Geben und Nehmen; es lebt vom Austausch von Informationen und Ideen und der gegenseitigen Unterstützung. Das Internet ist dabei seit einiger Zeit eine grosse Hilfe, sofern kommunikative Menschen da sind, die es zu nutzen wissen und ihre Zeit für den Austausch zur Verfügung stellen. Allerdings zeigt sich, dass wir angesichts kleiner werdenden Ressourcen auch an Grenzen des ehrenamtlichen Engagements kommen und nicht alle Träume umgesetzt werden können. Umso mehr freuen wir uns über alle kleinen Fortschritte, die zu verzeichnen sind. Einige Punkte möchte ich herausheben:

Die letztes Jahr neu eingeführten Vereinsstatuten, mit denen wir die bereits früher bestehende internationale Struktur wieder hergestellt haben, bewähren sich. Zwar ist INTERFILM immer noch vorwiegend auf EUROPA zentriert, aber es ist bedeutungsvoll, dass wirklich EUROPA (und nicht bloss West-Europa) gemeint ist,  und wichtig ist, dass sich mit den neuen amerikanischen und kanadischen Mitgliedern ein reger Kontakt entwickelt und ihre Aktivitäten bemerkenswert sind. Insgesamt ist INTERFILM in den letzten zwei Jahren um über dreissig Mitglieder gewachsen, wobei nicht wenige im universitären Bereich engagiert sind. Diese neuen Kontakte werden uns vermutlich in den nächsten Jahren vermehrt bereichern, und es ist gut möglich, dass die nächste INFO einen Schwerpunkt dazu enthält. Immerhin liegt uns von Peter Ciaccio eine an der Theologischen Waldenser-Fakultät in Rom vorgelegte „Tesi di Laurea“ über „Modelli pastorali nel cinema: L’esempio di Ingmar Bergman“ vor, und wir wissen von eingereichten Doktorarbeiten, die uns direkt betreffen, und über die wir gerne berichten werden.

Die Internationalisierung unseres Vereins soll uns nicht daran hindern, das mit dem Seminar in Bad Segeberg/Deutschland 1997 begonnene Nachdenken über die Frage nach der „Seele Europas“ und ihren Spuren im Film weiter zu treiben. Im Rahmen des Prozesses der sogenannten „Osterweiterung“ sehen sich die Bewohner Europas vor die Aufgabe gestellt, ein neues Selbstverständnis zu entwickeln. Der bei der KEK in Genf für das Programm „Kirche im Dialog“ verantwortliche rumänisch-orthodoxe  Theologe Viorel Ionita, sagte kürzlich an einer Tagung in der Schweiz u.a.: „Für die Kirchen, zusammengeschlossen in der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), wird Europa verstanden als der Kontinent „zwischen Atlantik und Ural, zwischen Nordkap und Mittelmeer“, wie die Charta Oecumenica es formuliert, und zu diesem Kontinent verpflichten sich die europäischen Kirchen, mit dem Evangelium für die Würde der menschlichen Person als Gottes Ebenbild einzutreten und „als Kirchen gemeinsam dazu beizutragen, Völker und Kulturen zu versöhnen.“ Das im Herbst 2003 mit Unterstützung der World Association for Christian Communication (WACC) in Iasi (Rumänien) unter der Schirmherrschaft von Metropolit Daniel zu Thema „Zeichen und Geschichten der Hoffnung im Film“ durchgeführte Seminar ist für mich ein sehr wichtiger  Beitrag zum Dialog über die „Seele Europas“. Es fand letztes Jahr eine grossartige Fortsetzung mit 35 TeilnehmerInnen aus 12 Ländern in der Orthodoxen Akademie in Kolympari auf Kreta mit einem spannenden Seminar über „Orthodoxe Ikonographie und zeitgenössisches Filmverständnis“. Dabei wurden wir erneut von der WACC, aber auch von der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD, den Reformierten Medien und dem Katholischen Mediendienst in der Schweiz und der Hankey-Stiftung in England unterstützt. Wir denken zur Zeit darüber nach, welche Fortsetzung diese Seminare finden sollen. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass zur Frage nach dem Bildverständnis ein interreligiöser Dialog mit Juden und Muslimen ansteht. Aktuell ist dieser Dialog nicht zuletzt auch angesichts der immer öfter diskutierten Frage nach Einrichtung einer interreligiösen Festivaljury.

Wie bereits erwähnt, enthält die vorliegende INFO auch unsere Festivalchronik. Dazu möchte ich einige Aspekte unterstreichen: Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen haben 2004 ihre 50.Ausgabe gefeiert. INTERFILM ist dort seit 1964 mit einer Jury vertreten; entsprechend wurde die Präsenz der kirchlichen Filmarbeit gewürdigt.

In Cannes sind INTERFILM und SIGNIS seit 1974 mit einer Ökumenischen Jury präsent, unterstützt von den nationalen Organisationen Pro-Fil und Chrétiens-Medias, sowie einem grossen Kreis von Freiwilligen, die sich für die Organisation eines Standes am Filmmarkt, die Pressearbeit und andere öffentliche Auftritte der Jury in Cannes engagieren. Am ersten Festivalsonntag fanden im Beisein der jeweiligen Juryvertreter konfessionelle Mess-, bzw. Abendmahlsfeiern statt. Am Abend vor Auffahrt wurde dann in der anglikanischen Kirche mit Beteiligung von Vertretern katholischer, protestantischer, freikirchlicher, anglikanischer und orthodoxer Kirchen ein ökumenischer Gottesdienst durchgeführt. Mit Jean Arnold de Clermont, Präsident der Fédération Protestante de France und derzeitigen Präsidenten der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) hielt ein prominenter Theologe von europäischem Format die Predigt, dem der Dialog zwischen Theologie und (Film-)Kultur ein echtes Anliegen ist. INTERFILM und SIGNIS nahmen das Jubiläum 30 Jahre Ökumenische Jury in Cannes zum Anlass, den britischen Regisseur Ken Loach mit einem Spezialpreis für sein Gesamtwerk zu ehren. Loach ist von der Ökumenischen Jury an verschiedenen Festivals wie kein anderer mit zahlreichen Preisen und lobenden Erwähnungen ausgezeichnet worden.

Am Internationalen Filmfestival Locarno, wo die erste Ökumenische Jury bekanntlich bereits 1973 eingerichtet werden konnte, wurde der Preis 2004 dank des besonderen Engagements der Filmbeauftragten des Katholischen Mediendienstes und der Reformierten Medien erstmals mit der aussergewöhnlich hohen Summe von CHF 20'000 ausgestattet, gestiftet von den evangelischen und katholischen Kirchen der Schweiz. Nachdem es schon oft vorgekommen ist, dass die von der Ökumenischen Jury ausgezeichneten Filme den Weg ins Kino nicht gefunden haben, ist die Preissumme  zweckgebunden und soll dem Verleih und Vertrieb des ausgezeichneten Films dienen.

Eine besondere Freude war mir letztes Jahr schliesslich das Wiedersehen mit Riga, wo wir vor fünf Jahren das dritte unserer Europa-Seminare durchgeführt haben. Einer Initiative unserer lettischen Mitglieder folgend hat uns das Internationale Film Forum „Arsenals“ mit einer aus drei Mitgliedern bestehenden Jury eingeladen, einen INTERFILM-Preis zu vergeben. Dass aus diesem Anlass auch zu einem besonderen  Gottesdienst und einem Kirchen-Empfang eingeladen wurde, scheint mir besonders hoffnungsvoll zu sein.

„Die Rückkehr“ (The Return) von Andrey Svyagintsev war 2003 der Preis der Ökumenischen Jury am Festival des Osteuropäischen Films in Cottbus und der Europäische Templeton Filmpreis. Nachdem die Templeton-Stiftung bereits im Vorjahr die Teilnahme von Ibolya Fekete mit ihrem Film „Chico“ am Seminar in Iasi (Rumänien) ermöglichte, finanzierte sie nun am letztjährigen Festival Cottbus im  Beisein des Regisseurs auch eine Sondervorführung von „The Return“ mit anschliessender Diskussion, die kompetent und anregend von Dietmar Adler eingeführt wurde. Anschliessend reiste der Regisseur nach Leeds weiter zu einer Sondervorführung mit anschliessender Diskussion vor etwa zweihundert Stundenten im College Trinity&All Saints. Wir freuen uns, dass sich die Zusammenarbeit mit der Templeton Stiftung auf diese Weise verstärkt. Eine Folge davon ist u.a. auch die Tatsache, dass die Preissumme für den Europäischen Templeton Filmpreis von ursprünglich CHF 3'500 inzwischen auf € 10'000 aufgestockt worden ist.

„INTERFILM kommt in die Jahre“, hielt Hans Werner Dannowski in Oberhausen fest. Tatsächlich können wir dieses Jahr das 50jährige Bestehen feiern. INTERFILM ist nämlich am 25.Oktober 1955 in Paris gegründet worden. Natürlich wollen diesen Geburtstag ein wenig feiern, ob in Paris, in Locarno oder wo auch immer – unsere Pläne sind noch nicht ausgereift. Sobald wir mehr wissen, werden wir Sie orientieren. Grund genug, auf Empfang und im Kontakt zu bleiben.

Mit freundlichen Grüssen

Hans Hodel, Präsident