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14. Juni 2006
Gloria! Helden, Stars und Celebrities
24. Arnoldshainer Filmgespräche 2006: Ruhm im Film

Er galt einmal als Geschenk der Götter. Heute ist er ein Produkt der Medien: der Ruhm, der den Star vom Namenlosen, den herausragenden Einzelnen von den Vielen unterscheidet. Er ist ein imaginäres Kapital, manchmal stärker begehrt als materielles Glück. Die Medien haben aus dem Kapital des Ruhms eine Industrie entwickelt, die ihrerseits materiellen Gewinn verspricht. Als mit dem Film die Geschichte des Medienruhms begann, sah niemand seine Macht voraus. Die ersten Filmstars erwählte das Publikum: Lillian Gish, Douglas Fairbanks, Charlie Chaplin.

Seitdem hat der Starruhm sich gewandelt, bis hin zu den globalen Superstars der 90er Jahre, Michael Jackson oder Madonna. Ruhm ist das, was man nicht übersehen kann – erst recht nicht bei einem medialen Ereignis wie der Fußballweltmeisterschaft, das als Kampf um sportlichen Ruhm die Massen weltweit mobilisiert. Die von der Akademie Arnoldshain und dem Filmkulturellen Zentrum im GEP alljährlich gemeinsam veranstalteten „Arnoldshainer Filmgespräche“ (9.-11. Juni) stellten dazu passend das Phänomen des Ruhms in seiner filmischen Reflexion, seinen Ausdrucksformen, seinen gesellschaftlichen Auswirkungen und seiner vormedialen Geschichte zur Debatte.

Ruhm hat immer auch eine religiöse Dimension, wie der Starkult bezeugt. Salieri im Film „Amadeus“, mit dem die Tagung begann, hadert mit Gott, weil er einem in Salieris Augen infantilen Wicht die Gabe verleiht, musikalische Wunderwerke zu erschaffen. Für den 1984 gedrehten Film selbst ist Mozart ein hedonistischer Rebell, der gegen Konvention und Unverständnis um die Freiheit kämpft, als Künstler leben zu können. Das Gegenstück zum unbestrittenen (Nach)Ruhm Mozarts zeigt der belgische Film „Jeder ist ein Star“: Ein Vater macht seine leider viel zu dicke, unglückliche Tochter zum Star einer TV-Gesangsshow, indem er eine medienträchtige Entführung inszeniert.

Elend und Glücksversprechen der bekannten Casting- und Containershows spiegeln sich in einem Film, der Andy Warhols geflügeltes Wort beherzigt, jeder könne heute ein Star sein – für fünfzehn Minuten. An der Aggressivität von Oliver Stones „An jedem verdammten Sonntag“ über den amerikanischen Football diskutierte die Tagung die Erbschaft kriegerischen Ruhms im modernen Mannschaftssport. Die unheimlichste Seite des Ruhms berührten die Filmgespräche jedoch mit dem Filmmusical „Evita“, mit Madonna in der Titelrolle – die Überlagerung von popkultureller, medialer und politischer Verführung. Ruhm ist nichts Unschuldiges. Ruhm, gloria, so erinnerte die theologische Meditation der Tagung in protestantischem Geist, gebührt Gott allein.

Karsten Visarius/14.6.2006