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17. Freiburger Internationales Filmfestival

15. – 23. März 2003

Oekumenische Jury:
Jacques Guillon (Frankreich/Schweiz), Jacques Michel (Schweiz), Nathalie Roncier (Frankreich) und Bernd Wolpert (Deutschland)

Der von Brot für alle und Fastenopfer mit Fr. 5'000 dotierte Preis der Oekumenischen Jury ging an den Film

Araïs al Teïn (Tonpuppen) von Nouri Bouzid, Tunesien 2002

"wegen seiner überzeugenden cinemathographischen Qualität und seinem universellen Anspruch. Dieser gilt dem Respekt vor den Rechten der Schwachen, seien sie Kinder, Frauen oder Männer, die eingeladen sind, sich in Würde zu entfalten."

Synopsis:
Im Dorf vertrauen die Familien ihre Mädchen Omrane, einem ehemaligen Hausangestellten, an. Sie werden nach Tunis gebracht, um dort als «Mädchen für alles» zu arbeiten. Die kleine Feddha, die soeben in die Stadt gekommen ist, kann sich nicht an ihr neues Leben gewöhnen. Die Flucht eines anderen Mädchens aus dem Dorf, Rebeh, gibt ihr Gelegenheit auszubrechen. Sie macht sich davon, zusammen mit Omrane, der in Rebeh verliebt ist, und sucht in der ganzen Stadt nach jener, die fortlief, um frei zu sein. Mit seltener formaler Meisterschaft deutet der Film mehr an, als er aussagt, schafft Stimmungen und nicht Situationen, stellt Fragen, statt fertige Lösungen zu liefern. In eindringlicher Weise drücken gestische Metaphern – die eine angemessene Distanz zwischen Andeutung und Übertragung halten – die Gemütszustände der Personen aus; direkte Rede kommt selten vor. So formt und zerstört die kleine Feddha ihre Puppen aus Ton und lebt in einer imaginären Welt, dank der sie sich ein Stückchen der ihr allzu früh geraubten Kindheit zu bewahren vermag. Statt Moral zu predigen oder Lehren zu erteilen, will der Regisseur den Zuschauer dazu bringen, sich die Dinge selbst zu erklären; er zieht es vor, auf der Ebene der Emotion zu bleiben, um so in die Tiefe und Einsamkeit der Personen vorstossen zu können, ohne deuten zu müssen.


Eine lobende Erwähnung vergab die Jury an den Film

Zendan-e Zanan (Gefängnis der Frauen) von Manijeh Hekmat, Iran 2002

"Die junge engagierte Regisseurin zeigt beispielhaft, dass jeder auf den  andern hören, seine Sichtweise und sein Verhalten ändern muss, wenn sich die Welt ändern soll. Der Film ist trotz der Gefängnissituation ein Hymnus auf die Solidarität und die Freiheit."

Synopsis:
Über zwanzig Jahre hinweg schildert >Zendan-e Zanan< den Lebensalltag mehrerer Frauen, die für Vergehen, welche von den aufeinanderfolgenden iranischen Regimes als Straftaten angesehen wurden, im Gefängnis sitzen. Im Zentrum dieses kollektiven Porträts, in dem sich die allgemeine Entwicklung der iranischen Sitten und Anschauungen spiegelt, steht ein erstaunliches Paar, das sich im Laufe der Jahre immer besser versteht: die Gefängnisdirektorin und eine Gefangene, die am Ende ihre Freiheit wiederfindet. Ein merkwürdiger Film mit einer auf den ersten Blick eher belanglosen Geschichte, die abseits der Öffentlichkeit in einem Gefängnis spielt und nur von der dort verrinnenden Zeit vorangetrieben wird. Warum fesselt das Ergebnis dennoch? Zum einen, weil das Werk subtil aufgebaut ist, mit Szenen, die sich unaufhörlich gegenseitig erhellen, Wandschirmen gleich, die sich um sich selbst drehen und das Geschehen zunehmend differenzieren. Zum anderen weil die Schauspielerinnen nie übertrieben agieren und die Regisseurin nie zuviel auf einmal zeigt. So gewinnt jedes Bild dieses Films, jedes Detail dieser Bilder und jede ausgesprochene Silbe unmerklich die Dichte einer fatalen Realität, bis sich >Zendan-e Zanan< von einem Spielfilm in eine eindrucksvolle Dokumentation über einen Aspekt des modernen Iran verwandelt hat.

 

Festivalbericht Freiburg 2003

Die Preise des 17.Internat.Filmfestivals Fribourg

Mit 27'000 Zuschauern (2'000 Zuschauer mehr als im Vorjahr) hat die 17.Ausgabe des Internat.Filmfestivals Fribourg, das am Sonntagabend mit der Preisverleihung zu Ende ging, einen neuen Besucherrekord zu verzeichnen. Allein die Vorführungen für die Schulen begeisterten 4'000 Jugendliche. Durch die aktuelle weltpolitische Entwicklung zeigte das Festivalprogramm besonders deutlich, wie notwendig die Auseinandersetzung und der Dialog ¨über die unterschiedliche Wahrnehmung unseres Alltags ist, wenn ein Verständnis für andere Sicht- und Denkweisen entstehen soll. Auffällig war in diesem Zusammenhang das grosse Publikumsinteresse an der neuen Sektion "Dokumentarfilme im Wettbewerb", die den Preis der Politischen Presse ablöste und Werke engagierter Filmschaffender präsentierte.


Preisträger aus Lateinamerika und Israel

Der «Regard d'Or» der internationalen Jury ging an den argentinischen Regisseur Carlos Sorin und seinen Film >Historias minimas<. Der Preis ist mit 30'000 Franken dotiert, und wird vom Kanton und der Stadt Freiburg vergeben. Die internationale Jury wurde überzeugt durch diesen «poetischen Film, in welchem die Einfachheit der Geschichten zu einem cineastischen Stil» verdichtet wird. Der auf Filme aus dem Süden spezialisierte Verleih trigon-film wird den Preisträger im Herbst in die Schweizer Kinos bringen.
Der Spezialpreis der Jury (5'000 Franken, vergeben durch die Schweizerische Autorengesellschaft SSA, und Suissimage) wurde für das Erstlingswerk: >Caja Negra< an den jungen argentinischen Regisseurs Luis Ortega vergeben. Gleichzeitig erhielt der Film auch den Preis der Internationalen Vereinigung der Filmclubs (FICC) und den Preis der Jugendjury.

Im Wettbewerb der Dokumentarfilme ging der Preis (6'000 Franken, vergeben von der Zeitung >La Liberté<, und des Westschweizer Fernsehens TSR) an den israelischen Regisseur David Benchetrit und seinen Film >Kaddim Wind – Moroccan Chronicle<. Die Wahl fiel auf diesen Film wegen seines «gut gelungenen und mutigen Versuchs, ein wichtiges Element innerhalb der verworrenen politischen Situation im Nahen Osten zu erforschen» Die Jury stellt zudem fest, dass sich alle Regisseure des Dokumentarfilm-Wettbewerbs dem einen Anspruch gestellt haben: Einen Film mit genauer Ausrichtung und Fokussierung auf die sozialen und politischen Hintergründe ihres Landes zu realisieren. Filme wie >Jenin...Jenin< von Mohamed Bakri, >Senorita Extraviada< von Lourdes Portillo, >Aparte< von Mario Handler oder >Kaddim Wind< von David Benchetrit – alle Regisseure waren während des Festivals anwesend – konfrontierten die Zuschauer mit oft schmerzlichen Fragen und Gedanken. Diese nutzten jedoch die anschliessenden Gesprächsrunden zur Diskussion und Reflexion über diese Fragen.


Hans Hodel, Filmbeauftragter Reformierte Medien


Weitere Informationen: www.fiff.ch