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Fribourg

28e FESTIVAL INTERNATIONAL DE FILMS DE FRIBOURG 2014

PREIS DER ÖKUMENISCHEN JURY

Der von den beiden kirchlichen Hilfswerken Fastenopfer (katholisch) und Brot für alle (reformiert) mit CHF 5'000 dotierte Preis wird der Regisseurin oder dem Regisseur verliehen, deren/dessen Film im offiziellen Wettbewerb innovativ und künstlerisch anspruchsvoll ethische und spirituelle Fragen zur Darstellung bringt, insbesondere Sinnfragen in Lebenssituationen in Ländern Osteuropas, Afrikas, Asiens und Lateinamerikas reflektiert und für Respekt gegenüber der Würde der Menschen und ihren Rechten, für Solidarität und nachhaltige Entwicklung einsteht.

Die Ökumenische Jury der 28. Ausgabe des FIFF, berufen von INTERFILM und SIGNIS, verleiht ihren Preis an den Film

Han Gong-ju
von Lee Sujin, Südkorea 2013

Han Gong-ju, eine junge Schülerin, wird Opfer einer Massenvergewaltigung. Der Film überzeugt mit einer schonungslos direkten und dramatischen Herangehensweise. Er denunziert die verstörende Kraft einer sexistischen Gesellschaft, die das Opfer beschuldigt und sozial isoliert. Weil es möglich ist, in sich die nötige Kraft zu finden, um diese Tragödie zu überwinden, schwimmt die Protagonisten Han Gong-ju trotz eines gewissen Fatalismus ihrem Schicksal entgegen, als ob ihr Lebenswille nicht doch über den Tod triumphieren könnte.

Inhalt (Katalog): Die junge Gymnasiastin Han Gong-ju wird unfreiwillig in eine schmutzige Geschichte verwickelt. Von ihren Eltern vernachlässigt, muss sie die Schule wechseln und umziehen. Als Opfer der Umstände unternimmt Gong-ju alles, um die Aufmerksamkeit nicht auf sich zu lenken. Dies ändert sich, als ihre neue Klassenkameradin Eun-hee ihr Gesangstalent erkennt und sie daraufhin für den A-capella-Schulchor vorschlägt.

Die Ökumenische Jury verleiht außerdem eine Lobende Erwähnung an

Constructors / Stroiteli
von Adilkhan Yerzhanov, Kazachstan 2012

Zwei Brüder und eine Schwester versuchen aus ihrer prekären Situation auszubrechen, indem sie ihr Recht wahrnehmen, ein Haus zu bauen und sich damit ein Heim zu schaffen. Neben der Originalität und der kreativen Herangehensweise des Regisseurs besticht der Film durch tiefe menschliche Beziehungen.

Inhalt (Katalog): Wegen unbezahlter Miete fliegen zwei Teenager und ihre jüngere Schwester aus der Wohnung. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als auf das brachliegende Grundstück der Familie auf dem Land zu ziehen. Der Staat aber ist daran, Baugründe ohne Fundamente zu beschlagnahmen. Die Geschwister leihen sich bei den Nachbarn Werkzeug aus, denn es ist Zeit, dem Gesetz ein Schnippchen zu schlagen.

Mitglieder der Jury:
Joël Baumann, Nimes (Frankreich) – Präsident
Alan Foale, Leeds (England)
Dorothée Thévenaz Gygax, Vevey (Schweiz)
Il Kang, Hamburg (Deutschland)


Alan Foale, Dorothée Thévénaz Gygax, Il Kang und Joel Baumann (v.l.n.r.)

Weitere Informationen:
www.fiff.ch
www.kirchen.ch/filmjury

 


 «Han Gong-ju» gewinnt am FIFF den Regard d’Or und den Preis der Ökumenischen Jury
 Bericht von Hans Hodel, Jurykoordinator INTERFILM

Der südkoreanische Film «Han Gong-ju» von Lee Sujin gewinnt am 28. Internationalen Filmfestival Fribourg (FIFF) 2014 den von Stadt und Kanton Fribourg mit Fr. 30‘000 ausgestatteten Grossen Preis Regard d’Or der internationalen Jury und den von Brot für Alle/Fastenopfer mit Fr. 5‘000 dotierten Preis der Ökumenischen Jury. Das Festival verzeichnet erneut einen neuen Zuschauerrekord.
 
Der Film erzählt die Geschichte der Gymnasiastin Han Gong-ju, die unfreiwillig in eine schmutzige Geschichte verwickelt wird. Von ihren Eltern vernachlässigt, muss sie die Schule wechseln und umziehen. Als Opfer der Umstände unternimmt Gong-ju alles, um jegliche Aufmerksamkeit von sich abzulenken. Dies ändert sich, als ihre neue Klassenkameradin Eun-hee ihr Gesangstalent entdeckt und sie daraufhin für den A-capella-Schulchor vorschlägt. In der Folge gerät sie in den Strudel sexueller Aggressionen der männlichen Umgebung und wird Opfer einer Massenvergewaltigung. Die Ökumenische Jury würdigt in Lee Sujins Film die Anklage einer sexistischen Gesellschaft, und in der Begründung der internationalen Jury für ihre Auszeichnung heißt es: „Wunderbar gespielt, ist diese Geschichte Charakterstudie und soziale Analyse zugleich.»

Mit diesem beim Busan International Film Festival zweifach ausgezeichneten und beim International Film Festival Rotterdam mit dem Tiger Award prämierten Erstling erhält das reiche südkoreanische Kino eine ganz neue Handschrift. Letzten Dezember wurde dem jungen Filmemacher Lee Sujin beim Internationalen Filmfestival Marrakesch ausserdem der Goldene Stern von Jurypräsident Martin Scorsese überreicht.

Weitere Preise

Gleich zwei weitere Filme aus dem zwölf Filme umfassenden Wettbewerb für lange Filme aus Asien, Lateinamerika, Afrika und Osteuropa wurden zweifach ausgezeichnet. Der von der Schweizer Stiftung „Visions Sud-Est“ ko-finanzierte und der internationalen Jury mit dem Spezialpreis ausgezeichnete chilenische Film „To Kill a Man“ von Alejandro Fernández Almendras erhielt auch den Don Quijote-Preis der FICC-Jury. Der von der Fipresci-Jury (Internationaler Verband der Filmkritik) ausgezeichnete iranische Spielfilm „Fish and Cat“ von Shahram Mokri über ein Treffen junger Leute zum Drachenfliegen zur Zeit der Wintersonnenwende, der, in einer einzigen Einstellung gedreht, formal besticht, inhaltlich aber auch verstörend wirkt, hat auch die Jugendjury überzeugt und ihm den E-CHANGER-Preis im Wert von Fr. 5 000 eingetragen. Der Film wird im Herbst von trigon-film in die Kinos gebracht.

Darüber hinaus würdigte die internationale Jury die Produzenten des japanischen Films „Au revoir l’été“ von Koji Fukada mit dem „Talent Tape Award“ für eine komplexe und zugleich  poetisch und brillant erzählte Geschichte, und sowohl die FICC-Jury des internationalen Verbands der Filmclubs wie die Ökumenische Jury sorgten mit einer lobenden Erwähnung dafür, dass die Filme „Manuskripts Don’t Burn“ des Iraners Mohammed Rasoulof beziehungsweise „Constructors“ des  Kazakhstanen Adilkhan Yerzhanov in der Beurteilung des vielschichtigen Wettbewerbsprogramms nicht vergessen gehen.

Ein Plädoyer für Diversity

Mit einem aus zwölf Filmen zusammen gesetzten  Wettbewerb für lange Filme, einem Kurzfilmwettbewerb und sechs Parallelsektionen sowie fünf Sondervorführungen und zahlreichen Diskussionsanlässen hat der künstlerische Leiter Thierry Jobin für die 28. Ausgabe des internationalen Film Festivals Fribourg  im Zeichen des Widerstandes wiederum ein reichhaltiges und attraktives Programm von insgesamt 126 Filmen aus 46 Ländern zusammengestellt und mit über 37‘000 Eintritten das Besucherinteresse erneut gesteigert.  Dieses galt einerseits vor allem dem Wettbewerbsprogramm und den beliebten, pädagogisch sorgfältigen betreuten Schülervorstellungen. Aber auch die Sektion „Hommage à…“, die fünfzehn Schlüsselwerke iranischen Filmschaffens präsentierte und die demnächst vom Film Festival Edinburgh und der Cinémathèque Toronto übernommen werden, die Sektion „Terra inkognita“, die Filme aus Madagaskar zeigte und die Masterclass mit den renommierten belgischen Filmschaffenden Jean-Pierre und Luc Dardenne weckten die Neugierde des Publikums.

Mit der Wahl des diesjährigen Themas versuchte Thierry Jobin das Festival als Seismografen für Tendenzen in der weltweiten Filmproduktion zu positionieren. In der Sektion „Genrefilme“ wird der Zuschauer mit Katastrophen konfrontiert, in der Sektion „Entschlüsselt“ mit der Wirtschaftskrise, die eigentlich auch katastrophal ist. Sowohl in den einsamen Helden der Katastrophenfilme als auch in den Figuren, die allein gegen das System kämpfen, manifestiert sich die Bereitschaft zum Widerstand. Am Eindrücklichsten haben das die Zuschauer in dem mit dem Publikumspreis ausgezeichneten Dokumentarfilm „The Square“ (Al Madin) erlebt. Die ägyptisch/amerikanische Koproduktion der Ägypterin Jehane Noujaim ist eine eindrucksvolle spannende Hommage an den Tahrir-Platz, die über mehrere Jahre aus der Masse der Demonstranten ausgewählte Protagonisten bei der ägyptischen Revolution begleitet, die mit Hosni Mubaraks Sturz nicht und noch lange nicht zu Ende gegangen ist, ein Film, der 2014 als bester Dokumentarfilm nominiert war.

Die Ökumenische Jury

Die Ökumenische Jury, die ihr Augenmerk auf den internationalen Wettbewerb richtete und sich bei ihrem Entscheid im Rahmen längerer Diskussionen von den Beurteilungskriterien leiten liess, die SIGNIS und INTERFILM in Absprache mit Brot für Alle und Fastenopfer erarbeitetet haben, zählte zu ihren Mitgliedern auch den Hamburger Filmemacher südkoreanischer Herkunft Il Kang, der am Festival Max Ophüls Preis Saarbrücken 2014 den Preis der INTERFILM-Jury gewonnen hat.