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Fribourg

23. Internationales Filmfestival Fribourg
14. – 21. März 2009

www.fiff.ch

PREIS DER ÖKUMENISCHEN JURY von SIGNIS und INTERFILM

Dieser von den beiden kirchlichen Hilfsorganisationen „Action de Carême/Fastenopfer“ (katholisch) und „Pain pour le prochain“/„Brot für Alle“ (reformiert) mit CHF 5'000 dotierte Preis wird der Regisseurin oder dem Regisseur vergeben, deren/dessen Film am besten den Kriterien entspricht, die bei den Tätigkeiten dieser beiden Organisationen im Bereich der Nord/Süd-Zusammenarbeit zur Anwendung kommen.

Die Mitglieder der Ökumenischen Jury der 23. Ausgabe des FIFF waren:

Jean-Michel Duband (Frankreich) - Präsident
Nicole Lafaye de Micheaux-Vercueil (Frankreich)
Charles Ridoré (Fribourg/Schweiz)
Martina Schmidt (Lausanne/Schweiz)

Der Preis geht an:

Sei ruhig und zähl bis sieben / Be calm and count to Seven
von Ramtin Lavafipour, Iran 2008

In einem Kontext, in dem es ums pure Überleben geht, haben die Protagonisten des Films keine andere Wahl: Über der Normativität von Gesetzen geht es um das Respektieren der Menschenwürde. Dies kommt vor allem in der poetischen Stärke der Bilder und Geräusche zum Ausdruck. Wind, Meer und Ausseratemsein der Darsteller symbolisieren den mächtigen Hauch von Leben, der den Film durchzieht.

Eine Lobende Erwähnung geht an:

Ramchand Pakistani
von Mehreen Jabbar, Pakistan/USA 2008

Der erste Spielfilm der pakistanischen Regisseurin hat bei der Jury Gefallen gefunden für die menschlichen Werte, die er zum Ausdruck bringt. Der Absurdität von Grenzen und Konflikten stellt er die Stärke von Hoffnung und menschlicher Beziehungen gegenüber.


Kino als "Stimme der Stimmlosen"

Ökumenischer Preis am Filmfestival Fribourg

Das Kino überwindet Grenzen: Das Internationale Filmfestival Fribourg überzeugte vom 14. bis 21. März mit bewegenden Filmen aus aller Welt. Der ökumenische Preis ging an den iranischen Film "Be Calm and Count to Seven". Solche Filme, die uns die harte Realität der Länder des Südens vor Augen führen, stehen im Fokus der Ökumenischen Jury, wie Martina Schmidt, Jurymitglied und Westschweizer Sekretärin von "Brot für Alle" im Interview erzählt.

Der indische Film "Mohandas" ist eine kafkaesk anmutende Geschichte eines jungen Mannes, dem ein Job angeboten wird. Als der junge Mohandas seine Stelle antreten will, hat schon ein anderer seinen Platz eingenommen. Ihm wird nicht nur der Name gestohlen, sondern schliesslich auch die Identität. Erkennen Sie in den Filmen am Festival ein Leitmotiv wie jenes der Identität?

Martina Schmidt: Keine leichte Frage. In diesem Film hat mich dieses Thema der Identität bewegt. Es ist nicht typisch für das indische Kino, diese Frage zu thematisieren. Es wurde mit sehr viel Witz und Tragik aufgegriffen. Es ist fast ein bisschen unrealistisch, dass in einem Ort, wo jeder jeden kennt, eine solche Intrige überhaupt möglich ist.

Was haben die Filme des Festivals gemeinsam?

Ich denke nicht, dass es das Thema Identität ist. Im Film "Pomegranatas and Myrrh" ist der politische Hintergrund der Konflikt zwischen Palästina und Israel. Da spielt das Thema Identität eine untergeordnete Rolle. Sicher, die Frau des Hauptdarstellers, der im Gefängnis sitzt, findet ihre Selbstverwirklichung im Tanz. Man kann darin aber auch die Hoffnung sehen, dass trotz Krieg das Leben weitergeht und man auch Spass haben darf.

Ist dieser Film ihr Favorit?

Nein, das kann ich nicht sagen. Aber er ist mir noch am nächsten. Ein anderer Film, der mir gut gefallen hat, ist "My Magic" (Gewinner des Hauptpreises "Regard d´Or", die Redaktion). Dort geht es um einen Feuerschlucker, der Alkoholiker ist und seinen Sohn allein durchbringen muss.

Was ist das Interesse von "Brot für Alle", einen ökumenischen Filmpreis zu sponsern?

Unser Hauptinteresse ist es, die Wirklichkeiten aus dem Süden deutlich zu machen und dafür auch eine Sensibilität zu wecken. Das Kino ist ein Mittel, Grenzen zu überwinden. Wenn im Film Werte wie jene der Gerechtigkeit und der Solidarität thematisiert werden, passt er in unsere Kriterien für die ökumenische Auszeichnung. Dieser Preis von 5000 Franken wird zu gleichen Teilen von "Brot für Alle" und "Fastenopfer" getragen.

Sie haben Kriterien angesprochen. Wie lauten diese?

Gerechtigkeit sollte im Zentrum stehen, Mitmenschlichkeit, Solidarität und Nächstenliebe. Natürlich sind das Werte, die vom Evangelium inspiriert sind. Das heisst aber nicht, dass ein Film, der 1:1 biblische Werte transportiert, automatisch den Preis gewinnt. Die Werte können auch subtiler zum Vorschein kommen. Was natürlich ganz wichtig ist, dass man sich nicht nur auf das Christliche festlegt. Es geht auch um den Dialog zwischen den Religionen, um eine Öffnung gegenüber der anderen Kultur und das Finden von Werten, die von allen geteilt werden.

Sie sind zum ersten Mal Jurymitglied. Was ist ihre Motivation, hier mitzuwirken?

In den Filmen, die ich hier sehe, will ich menschliche und gesellschaftliche Werte ausmachen. Die Frage, was das Kino dazu beitragen kann, dass bessere politische Rahmenbedingungen gefunden werden, interessiert mich sehr. Oder auch: Wie kann sich das Kino für mehr Gerechtigkeit einsetzen? Ausserdem arbeite ich bei "Brot für Alle", einer Gründerorganisation des Festivals. Das Festival ist mir sehr wichtig, und als ich gefragt wurde, ob ich Jurymitglied sein wolle, musste ich nicht lange überlegen. Das Kino ist meine Leidenschaft.

Warum wird der ökumenische Preis vergeben?

Die Nord-Süd-Thematik ist für uns sehr wichtig. Nicht alle haben die Möglichkeit, sich ein Bild der Armut und den politischen Verhältnissen im Süden zu machen. Das Kino ist eine Möglichkeit, um diese Realitäten greifbar zu machen. 5000 Franken sind für die Regisseure eine grosse Hilfe, weiterzumachen und die "Stimme der Stimmlosen" hörbar werden zu lassen.

Interview: Joël Frei