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achtung berlin – new berlin film award
14.-21.04.2010


Von Johanna Friese, Mitglied der Ökumenischen Jury

Das Filmfestival für neues deutsches Kino „achtung berlin – new berlin film award“ hat zum 6. Mal vom 14. - 21. April 2010 stattgefunden. 70 Dokumentar-, Spiel- und Kurzfilme wurden an drei Festivalorten in der Hauptstadt gezeigt. Sie sind entweder von Berliner Filmemachern oder in der Region Berlin-Brandenburg realisiert worden. In der „25p lounge“ konnten während des Festivals Zuschauer, Filmemacher und Schauspieler miteinander diskutieren und feiern.

Zum dritten Mal gab es eine Ökumenische Jury. Der Preis wird sektionsübergreifend vergeben und ist mit 1000 € dotiert. Dafür wurden fünf Dokumentar- und zwei Spielfilme nominiert. Alle behandelten gesellschaftlich relevante Themen mutig und einfühlsam zugleich. Beeindruckt zeigte sich die Jury über den großen Recherche- und Zeitaufwand der Produktionen und die filmische Umsetzung der Stoffe. Die Jury war sich einig: Alle nominierten Filme sind zu empfehlen und nachhaltig in der Wirkung. Ein breites Spektrum war zu sehen: Etwa ein Asylbewerber aus Kamerun, der sich in Deutschland durchs Leben boxt (Rich Brother von Insa Onken), eine Junge auf der Suche nach seinen arabischen Wurzeln (Mein Vater. Mein Onkel von Christoph Heller), ehrliche Bekenntnisse getrennter Ehepaare (Erklär mir Liebe von Florian Aigner), die Befreiungsreise einer Analphabetin (Unbelehrbar von Anke Hentschel), sokratische Gespräche mit Häftlingen der JVA Berlin-Tegel (Die Eroberung der inneren Freiheit von Silvia Kaiser und Aleksandra Kumorek), eine Familientragödie nach der Wende (Die Entbehrlichen von Andreas Arnstedt) oder ein Einblick in den US-Militärstützpunkt Landstuhl (Der innere Krieg von Astrid Schult).

Die Jury hat den Preis geteilt und zwei Filme ausgezeichnet. Beide Filme motivieren zu einer Suche nach einem gelingenden Leben. Es geht um Aufbrüche und Neuanfänge.

Die Ökumenische Jury zeichnete zum einen den Spielfilm Unbelehrbar von Anke Hentschel aus. Die 40jährige Hilfsköchin Ellen ist Analphabetin. Sie geht konsequent ihren Weg und lernt lesen und schreiben – gegen Widerstände in ihrer Familie und der Gesellschaft. Für über vier Millionen Menschen allein in Deutschland ist das Thema von hoher Relevanz und es ist nach wie vor tabuisiert. Sensibel erzählt der Film von einer Frau, die für ihre Würde und für ihre Selbstbestimmung kämpft. Entstanden ist eine Befreiungsgeschichte, die berührt, sensibilisiert und dazu motiviert, die Aufgaben im eigenen Leben anzunehmen und Hindernisse zu überwinden.

Zum anderen vergab die Ökumenische Jury einen Preis an den Dokumentarfilm Erklär mir Liebe von Florian Aigner. Ohne zu werten, zeigt der Film vier Elternpaare in verschiedenen Lebensphasen, die sich getrennt haben. Sie mussten neu anfangen, ihre Beziehung zu durchdenken und ihr Familienleben zu gestalten. Zurückhaltend und nüchtern führt der Film zwischenmenschliches Leben und Konflikte vor, die jeder kennt und doch selten öffentlich macht. Der Film zeigt, welch hohes Gut die Liebe in all ihren Spielarten ist. Es ist ein Film der kleinen, aber nachhaltigen Denkanstöße, ungewöhnlich berührend in seiner ehrlichen Kamerabeobachtung, in Ton und Musik, vor allem aber durch die außerordentlich authentischen Zeugnisse seiner Protagonisten.

Die Ökumenische Jury hat zudem ansprechende Kurzfilme gesehen und war begeistert von einem bunten, vielfältigen Kinofestival mitten in Berlin. Alles in allem war es eine inspirierende Woche für die Juroren und ein interessanter Einblick ins internationale Berliner Filmschaffen.

Zur Ökumenischen Jury gehörten Joachim Opahle, Leiter der kirchlichen Hörfunk- und Fernseharbeit im Erzbistum Berlin, der Kommunikationswirt Erik Wegener, Lars Charbonnier, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Praktische Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, und Pfarrerin Johanna Friese vom Evangelischen Rundfunkdienst in Berlin.

Der Preis der Ökumenischen Jury ging 2008 an den Dokumentarfilm Podestleben von Sabine Zimmer und Sandra Budesheim. 2009 wurde der Film Der Tag von Uli M. Schueppel ausgezeichnet.

Erklär mir die Liebe
Florian Aigner: "Erklär mir die Liebe"