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achtung berlin - new berlin film award

17.-24. April 2013

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PREIS DER ÖKUMENISCHEN JURY

Der Preis der Ökumenischen Jury wird sektionsübergreifend vergeben und ist mit 1.000 € dotiert, gestiftet von den Versicherern im Raum der Kirche. Die Jury vergibt den Preis an

Staudamm
von Thomas Sieben, Deutschland 2012

Begründung der Jury:
Ein Spielfilm über einen Amoklauf, der keine physische Gewalt zeigt und die Person des Attentäters selbst nie auftreten lässt. Kann das funktionieren? Ja, weil dieser Film von Anfang an virtuos eine Atmosphäre von latenter Bedrohung aufbaut und sie wachsen lässt, mit kleinen wohldosierten Informationen über den Täter, die Tat und die Opfer und einer immer eindringlicheren Bildsprache und Filmmusik. STAUDAMM ist ein Psychothriller, dessen Grauen und Anspannung sich aus den verstörenden Kleinigkeiten und dem nicht zu klärenden 'Warum' der Tat speist. Die Figur des Akteneinlesers, der bei seiner Arbeit in die Attentatsgeschichte hineingezogen wird, bindet die Erzählung zusammen. Er fährt zum Tatort, lernt dort eine Überlebende kennen. Sie zeigt ihm das verlassene Haus der Familie des Attentäters und das seit der Tat ungenutzte Schulgebäude. Es sind offen klaffende Wunden in der Mitte des Ortes. Wie
Mahnmale zeigen sie die Hilflosigkeit der Bewohner, die Tat zu verarbeiten. Überall begegnet dem Einleser Misstrauen, Distanz und latente Aggressivität. Immer mehr erfährt er über den Ort und den Täter. Das Mädchen weiß weit mehr als vermutet. „Natürlich wurde er gemobbt“, sagt die Überlebende „aber nicht mehr als andere“ - Erklärungsversuche laufen ins Leere. Die Wunden verheilen nicht. „Ich habe eine Therapie gemacht“, sagt die Überlebende und lacht „hat aber nichts genützt.“ - Alle Erklärungsversuche laufen ins Leere. Und doch geht das Leben weiter, wie nach einer schweren Krankheit bleiben die Narben, nichts ist vergessen...

Die Jury vergibt außerdem eine Lobende Erwähnung an den Film

Nach Wriezen
von Daniel Abma, Deutschland 2012

Jurybegründung:
NACH WRIEZEN nimmt den Zuschauer mit auf eine Gratwanderung der Resozialisierung jugendlicher Straftäter. Marcel, ein Mörder aus rechtsradikaler Gesinnung, Jano, ein Dealer und Imo, ein Intensivstraftäter, lassen sich drei Jahre lang von der Gefängniszelle in der JVA Wriezen bis ins Leben in Freiheit begleiten und geben einen persönlichen Einblick in ihr Leben und ihre Gefühle. Endlich raus und nie mehr rein, das wollen alle drei. Für die drei jungen Männer, die nicht unterschiedlicher sein könnten, beginnt die Suche nach dem kleinen Glück. Schnell findet sich die Freundin, bald kommt das Kind. Doch der Versuch das Erträumte zu leben ist viel schwerer als der Wunsch danach. Die Verantwortung für eine Familie ist nicht für alle tragbar. Der Film zeigt kleine Triumpfe, Entwicklungen, aber auch Scheitern und Stillstand. Er dokumentiert schonungslos, nimmt aber gerade damit diejenigen, die ihre Strafe abgesessen haben, ernst. Der Kampf um ein wenig Glück in der Freiheit ist schwer. Der Weg ist mühsam und den dreien weitgehend unbekannt. NACH WRIEZEN macht den Blick auf die Menschen frei, er zeigt ihr Ringen um einen Neuanfang und die inneren aber auch äußeren Beschränkungen. Es ist kein bequemer Film. Er gibt keine klaren Antworten. Er kann und will keine Prognose für die Zukunft der drei abgeben. Diesen Film zu sehen, bedeutet sich mit den eigenen Klischees auseinanderzusetzen und die persönlichen Grenzen neu zu verorten. Es ist ein Film, der kontroverse
Auseinandersetzungen provoziert. Er beschreibt die Vergangenheit und zeichnet ein Fragezeichen in die Zukunft. Wer den Film sieht, kann sich ihm schwer entziehen. Er muss eine eigene Haltung einnehmen.

Die Mitglieder der Jury:
Roland Avenard
Ursula Engel
Christina Förner
Michael Geidel